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Januar 13, 2019

Personalgewinnung: Jede Menge Kandidaten, sobald Sie diese Regeln beachten.

Geht es Ihnen ähnlich wie einem meiner Seminarteilnehmer, der mir Folgendes erzählte: „Mich stört es langsam, dass mir Experten, Mitarbeiter aus der Fachabteilung, Kollegen usw. in regelmäßigen Abständen erklären, wie einfach es doch ist, neue Kandidaten zu gewinnen. 

Da muss man doch einfach den Recruiting-Trends folgen und schon sind die neuen Kandidaten da und somit die Kandidaten-Pipeline voll. Doch jetzt mal ehrlich – wenn es so einfach wäre, könnte es doch jeder, oder? In Wahrheit geht es doch vielen Firmen wie uns. Wir hätten die Chance, jede Menge Kandidaten und somit neue Mitarbeiter zu gewinnen, wenn wir diese beiden Regeln anwenden würden.  Das klingt spannend, lassen Sie uns das Schritt für Schritt analysieren.

 

Passiv suchende Kandidaten

In der Tat hat Herr S. meiner Meinung nach nicht unrecht, dass es jede Menge wechselwillige Kandidaten und somit neue Mitarbeiter gibt. Richten Sie Ihren Blick auf die aktuelle  Studie des Gallup Instituts „ENGAGEMENT INDEX DEUTSCHLAND 2018“ (https://www.ilea-institut.de/wp-content/uploads/2018/09/GEI_2018_Mitarbeiterbindung_Agilit%C3%A4t.pdf). Demnach haben 71% der Mitarbeiter innerlich gekündigt. Das heißt im Klartext, dass 71% der in Deutschland Beschäftigten latent wechselwillig sind. Diese Menschen suchen also aktiv keinen neuen Job, da Sie einen haben. Jedoch sind sie bei Verbesserung ihrer Lage bzw. bei einem Arbeitsmodell, das besser zu ihrer aktuellen Lebensphase passt, ansprechbar und somit wechselwillig.

Wie erschließe ich das Potenzial dieser 71%?

Um Ihr Unternehmen für diese latent wechselwilligen Leute attraktiv zu machen, müssen Sie folgende Punkte realisieren, akzeptieren und danach umsetzen. Machen Sie sich also bewusst, dass es genügend Kandidaten am Markt gibt, sobald Sie:

  • anerkennen, dass sich der klassische Arbeitgeber- zum Arbeitnehmer-Markt entwickelt hat. Die Entscheidung, ob ein Interessent in Ihrem Unternehmen eine neue Stelle antritt oder nicht, liegt auf Seiten des Kandidaten – nicht auf Ihrer.
  • Akzeptieren Sie auch, dass die klassischen Recruiting-Prozesse an ihre Grenzen stoßen und Sie deshalb neue Wege gehen müssen.
  • Machen Sie sich bewusst, dass die Personalgewinnung zwar früher ein reiner HR-Prozess war, sich in Zukunft jedoch zum gesamtheitlichen Unternehmensprozess entwickeln muss. Sorgen Sie dafür, dass diese Erkenntnis auch bei Ihrer Geschäftsleitung ankommt.

Mit diesen ersten Maßnahmen stimmen Sie Ihr Recruiting Mindset auf das Jahr 2019 ein. Im nächsten Schritt sollten Sie folgende Punkte umstellen, damit Sie als Unternehmen einen klaren Vorteil zu anderen Unternehmen haben und somit attraktiv für neue Kandidaten sind:

  1. Zahlen Sie bessere Gehälter als Ihre Mitbewerber

Ja, Sie haben richtig gelesen, im ersten Schritt geht es ums Geld.  Wer schon einmal einen sehr guten Mitarbeiter wegen ein paar Tausend Euro mehr Jahresgehalt an einen Wettbewerber verloren hat, weiß, wie ärgerlich und überflüssig das ist (siehe auch Blog – https://frankrechsteiner.de/blog/item/40-warum-zahlen-sie-nur-standardgehalt). Tatsächlich ist in den Endverhandlungen mit den Kandidaten oft zu beobachten, dass Unternehmen versuchen, unter den geforderten Zielgehältern zu bleiben. Die Signalwirkung ist fatal: Zwar möchten diese Arbeitgeber hochmotivierte Spitzenkräfte anlocken, sind aber nicht bereit, sie über den Standard hinaus zu bezahlen. Dabei kann einem Unternehmen eine solche Knausrigkeit teuer zu stehen kommen, etwa wenn es ihm nicht gelingt, die richtigen Experten an Bord zu holen. So schätzen Fachleute die direkten und indirekten Kosten einer Fehlbesetzung auf Top-Management-Ebene dreimal so hoch ein wie das damit verbundene Jahresgehalt. Darüber hinaus leidet das Image von IT-Unternehmen, wenn sie nicht bereit sind, in qualifizierte Mitarbeiter zu investieren. 

  1. Schaffen Sie ein Umfeld der Weiterentwicklung

Gehen Sie davon aus, dass 71% der Leute einen Job haben und keinen neuen suchen, jedoch für eine Weiterentwicklung im persönlichen oder auch beruflichen Umfeld gesprächsbereit sind. Sie als Unternehmen sind aufgefordert, ein Umfeld zu schaffen, in dem es sich lohnt, den Job zu wechseln und somit eine Win-Win-Situation zu erzeugen. Ihre neuen Mitarbeiter wollen von einem Jobwechsel profitieren und das Geld ist dabei eine wichtige Sache – doch an nächster Stelle steht die Weiterentwicklung.  Beantworten Sie als Unternehmen folgende Fragen um festzustellen, welche Angebote Sie machen können und wollen:

  • Welche Arbeitszeitmodelle kann und will ich anbieten?
  • Welches Führungsmodell kommt für uns in Frage?
  • Welche Kompromisse möchten wir im Arbeitsvertrag eingehen?
  • Welche Rollen (Jobs) möchten wir anbieten?
  • Welchen konkreten Weiterentwicklungsplan legen wir sofort vor?

Wie Sie sicherlich bei der Beantwortung der Fragen festgestellt haben, geht es hier um Individualität für jeden Bewerber. Es gibt keine allgemeingültige Lösung – jeder Mensch befindet sich in einer anderen Lebensphase und benötigt somit einen individuellen Lösungsvorschlag. Nur so schaffen Sie Win-Win-Situationen und der Kandidat macht sich Gedanken, ob er sich in Ihrem Unternehmen weiterentwickeln kann oder will (siehe auch Blog – https://frankrechsteiner.de/blog/item/86-mind-change-wie-kann-ich-meine-bewerbungsprozesse-individualisieren). Wichtig ist hier zu erwähnen, dass Sie sofort im Gespräch mit den Kandidaten ermitteln müssen, wo der aktuelle Pain-Point liegt, um danach sofort Lösungen zu bieten oder auch nicht. Das sind Sie Ihrem Gesprächspartner und sich selbst schuldig – außerdem zahlt sich Ehrlichkeit wie immer im Leben aus. 

 

Fazit:   

Sobald Sie als Unternehmen in der Lage sind, a. höhere Gehälter zu zahlen und b. ein Umfeld der persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung zu bieten, dann werben Sie aktiv damit. Diese Punkte sprechen sich schnell rum und die Kandidaten werden auf Ihr Unternehmen aufmerksam. Doch bitte merken Sie sich, wer seine Versprechen nicht einhält, wird schnell sein blaues Wunder erleben.

Ich freue mich auf Ihr wertschätzendes Feedback.