Ich stelle in meinen Strategie-Workshops immer wieder fest, dass die Teilnehmer sehr gute Ideen haben, wie sie ihre (Karriere-) Website für mehr Kandidaten attraktiv gestalten können – und noch mehr Zeit und Energie in eine optisch und inhaltlich getunte Stellenanzeige investieren können. Doch wir enden hier immer am gleichen Punkt mit fast identischen Ergebnissen.
Stellenanzeige und Karriere-Webseite sind Pflicht – nicht die Kür
Verstehen Sie mich bitte an dieser Stelle richtig: Ich bin kein Gegner der Stellenanzeige oder auch einer gelungenen Karriere-Website. Doch sollte der Aufwand bzw. die Zeit und Energie, die Sie in diese Projekte stecken, im Verhältnis zum erwartenden Ertrag oder Ergebnis stehen. Das heißt im Klartext – und da sind sich die meisten Teilnehmer schnell einig -, dass Sie fast keinen Kandidaten mehr bekommen oder gewinnen, wenn Ihre Karriere-Website oder Ihre Stellenanzeige neugestaltet wurden. Machen Sie sich das bitte bewusst: Sie arbeiten hier an der falschen Stelle. Auch eine eigene Karriere-App hilft hier nicht weiter, wenn Ihr Unternehmen nicht zufällig Stepstone heißt.
Ihr Stellenangebot: Sie müssen dorthin, wo die Kandidaten heute schon sind
Früher haben Kandidaten aktiv nach offenen Stellen gesucht, doch heute machen das schlichtweg nur noch 5% der Kandidaten. Der Rest und somit die Mehrzahl hat das nur noch bedingt nötig, da diese 95% alle einen Job haben und somit nur passiv auf der Suche sind. Das heißt im Klartext:
- 10 – 15% der Kandidaten sind semiaktiv auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. D.h. sie sind recht glücklich mit ihrem aktuellen Arbeitsverhältnis. Jedoch gibt es einen Punkt, der sie unzufrieden macht. Wenn Sie diesen einen Punkt erfüllen können, wechselt diese Zielgruppe den Job – ansonsten nicht. Da hilft dann auch nicht pauschal mehr Geld, denn es geht schlichtweg um diesen einen individuellen Punkt, der letztlich die Wechselmotivation des Kandidaten darstellt.
- 75 – 80% der Kandidaten sind passiv auf der Suche. D.h. Sie haben alle einen guten Job und sind da auch überwiegend zufrieden. Sobald sich ihnen jedoch eine TOP Chance bietet – ergo eine tatsächliche Verbesserung wie z. B. ein Karrieresprung, mehr Geld oder andere wichtige Werte, sind diese Menschen für einen Wechsel ansprechbar.
Für Sie, liebe Unternehmen bzw. Personalexperten, heißt das schlichtweg, Sie müssen den Prozess umkehren. Sie müssen aktiv auf die Kandidaten zugehen und sie mit Angeboten (z.B. Karrieresprung oder mehr Geld) beglücken. Sie müssen die Kandidaten dort individuell abholen, wo sie heue schon sind!
Active Sourcing funktioniert nur, wenn Sie etwas zu bieten haben
Reflexartig kommen dann die Teilnehmer mit der Erkenntnis, dass sie jetzt sofort „Active Sourcing“ machen müssten. So weit so gut, doch bevor Sie mit Active Sourcing beginnen, sollten Sie sich zunächst diese Fragen beantworten, da Ihre Aktivitäten sonst ins Leere laufen:
- Wer ist meine Zielgruppe und wo finde ich sie?
- Welchen Mehrwert kann ich meinen Interessenten gegenüber ihrem aktuellen Arbeitgeber bieten?
- Wie kann ich ein klares und einzigartiges (Recruiting-) Unternehmensprofil entwickeln, um für Interessenten attraktiv zu sein?
- Wie kann ich meine Bewerbungsprozesse individualisieren?
Wo finde ich meine Zielgruppe?
Ich gehe mal davon aus, dass Sie Ihre Zielgruppe kennen – wenn nicht, sollten Sie diese bitte sofort eruieren. Und nur am Rande bemerkt: Bitte verfolgen Sie hier nicht den Ansatz der „Eierlegenden Wollmilchsau“ – diese Zeiten sind endgültig vorbei. Doch wo finde ich meine Zielgruppe? Am Beispiel von Java Entwicklern erhalten Sie im Folgenden die Antwort:
Machen Sie es sich einfach. Sie haben sicherlich heute schon Java Entwickler im Unternehmen und genau da setzen Sie an. Fragen Sie Ihre Zielgruppe: Wenn ihr euch nach einem neuen Job umsehen würdet, wie würdet ihr vorgehen? Würdet ihr googeln oder Freunde fragen? Auf welchen Portalen würdet ihr wie suchen? Was ist euch bei einem neuen Job wichtig? Ich weiß, Fragen über Fragen. Die Antworten werden jedoch den kompletten, zukünftigen Recruiting-Prozess für Ihr Unternehmen definieren – das sollte Ihnen bewusst sein.
Sie müssen hier nicht raten oder sich den Kopf zerbrechen – Sie müssen Ihre jetzigen Mitarbeiter fragen, wie die konkret vorgehen würden. So erhalten Sie die notwendigen Antworten – auf eine ganz einfache Art und Weise.
Fazit:
Sie meinen, das kann doch nicht klappen, weil es zu simpel ist? „Probieren geht über studieren“, sagt der Volksmund. Testen Sie es – oder kümmern Sie sich weiterhin um Ihre Stellenanzeigen, die sowieso nur gelesen werden, wenn Sie die Kandidaten bereits dort abgeholt haben, wo sie heute schon sind. Und wie realistisch ist es, dass der Punkt, an dem ein Kandidat heute steht, inhaltlich genau auf Ihre Karriereseite trifft?
Ich freue mich auf Ihr wertschätzendes Feedback.