- Wer weniger arbeitet, schafft mehr
- Vor- und Nachteile
- Personalgewinnung leicht gemacht
Der Begriff „New Work“ war und ist in aller Munde, doch viele verstehen unter diesem Modell leider nur die Möglichkeit, der Arbeit aus dem Homeoffice nachzugehen. So weit so gut, doch die Möglichkeiten einer 4-Tage-Woche sehen die wenigsten. Die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, sind allerdings gigantisch.
Wer weniger arbeitet, schafft mehr
Das klingt doch wie ein schlechter Witz für die meisten Deutschen. Sind das auch Ihre Gedanken, oder wie denken Sie darüber? Angesichts der aktuellen Zahlen wünscht sich ein Großteil der Arbeitnehmer mehr zu arbeiten.
Arbeitszeitwünsche 2018: 2,2 Millionen Erwerbstätige wollen mehr arbeiten, 1,4 Millionen weniger
2018 wünschten sich rund 2,2 Millionen Erwerbstätige im Alter von 15 bis 74 Jahren eine längere Arbeitszeit (Unterbeschäftigte), während gut 1,4 Millionen kürzer arbeiten wollten (Überbeschäftigte). Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, hatten unterbeschäftigte Personen im Durchschnitt eine gewöhnlich geleistete Wochenarbeitszeit von 28,9 Stunden und wünschten sich Mehrarbeit von 10,6 Stunden. Überbeschäftigte arbeiteten dagegen durchschnittlich 41,6 Stunden pro Woche und wünschten sich eine Verkürzung um 10,8 Stunden.
Sie sind verwirrt? So ging es auch mir, als ich in meiner Analyse zu diesem Artikel genau auf diesen Wiederspruch gestoßen bin. Doch es gibt jede Menge Beispiele von Menschen und Firmen, die genau diese Erfahrung durch ihr neues Arbeitsmodell machten:
- Wer an einem Freitag beim Berliner Softwarehersteller Planio anruft, erreicht nur den Anrufbeantworter. Eine männliche Stimme erklärt dann, warum niemand abhebt: “Freitags arbeiten wir nicht, da das ganze Team bei Planio nur eine 4-Tage-Woche hat.” Wer die Taste Vier drückt, kann von Gründer Jan Schulz-Hofen mehr zur Idee und Motivation erfahren.
- In Japan hat Microsoftdie 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich mit seinen 2.300 Mitarbeitern getestet. Dem Unternehmen zufolge stieg die Produktivität der Beschäftigten um 40 Prozent.
- Frische Fische: Seit vier Jahren gibt es bei Frische Fische das Modell der 4-Tage-Woche. Scheinbar hat das Unternehmen damit viele Dinge richtig gemacht, denn auf kununu gibt es für die Agentur einen Durchschnittsscore von 4,62.
Vor- und Nachteile
Ach ja, wieder ein Artikel, in dem alles so easy dargestellt wird. Wie sieht es denn mit den tatsächlichen Vor- und Nachteilen aus?
Die Vorteile:
- · Mehr Zeit fürs Privatleben und ein gewonnener, freier Tag
- · Weniger gesundheitliche Probleme
Eine Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz zeigt: Eine kürzere Arbeitswoche sorgt für weniger Rückenschmerzen, Herzinfarkte und Schlafstörungen, für einen niedrigeren Blutdruck – und letztlich auch für weniger Krankheitstage
- Leistung und Stimmungsbarometer steigen
Während der Anwesenheit im Unternehmen legst du den Fokus nach wie vor auf deine Tages-, Wochen- oder Monatsziele und womöglich arbeitest du sogar konzentrierter als in einer weniger komprimierten Arbeitswoche.
Die Nachteile:
- Mehr Arbeit an den Arbeitstagen
Wenn die Stunden nicht verringert werden, aber ein ganzer Arbeitstag gestrichen wird, bedeutet das selbstverständlich mehr Workload an den übrigen Tagen. Bei einer guten Einteilung und einer effizienten Arbeitsweise, kann dieser gut bewältigt werden, aber dennoch bedeutet das höchstwahrscheinlich, dass die Tage länger dauern und Pausen zu kurz kommen.
- Freitags-Umsätze fallen weg
Für Dienstleister würde eine Reduzierung der Arbeitstage bedeuten, dass Umsätze wegfallen und sich die Dauer der Bearbeitung der Kundenanfragen verlängert.
Was hältst du von dieser Aufstellung der Vor- und Nachteile? Wie bewertest du diese für dein eigenes Leben? Ich habe vor knapp 8 Jahren meinen Selbsttest gestartet und auf meine 4-Tage-Woche umgestellt. Es gab anfangs natürlich Up and Downs und meine Eingewöhnungsphase in den ersten Monaten war nicht einfach, doch ich habe es geschafft – weil ich es schaffen wollte. Heute profitieren meine Mitarbeiter und meine Kunden von diesem Modell. Und in der Tat: ich schaffe in 4 Tagen mehr als vorher in 5 – warum ist das so? Wenn du genau weißt, dass du weniger Zeit hast, dann konzentrierst du dich automatisch auf die wesentlichen Punkte und die unwesentlichen lässt du einfach weg. Auf diese Weise vergeudest du nicht deine Zeit mit Dingen, die deine Arbeitsziele nicht steigern.
Kein Mensch kann acht Stunden hoch konzentriert arbeiten
„Wer lange arbeitet, arbeitet nicht zwangsläufig effizienter“, sagt auch Tim Hagemann, Professor für Arbeitspsychologie an der Fachhochschule der Diakonie Bielefeld. “Kein Mensch kann am Tag acht Stunden hoch konzentriert durcharbeiten – auch nicht mit viel Selbstdisziplin.” Große Zeitfresser im Berufsalltag: E-Mails, Kaffeepausen oder lange Meetings.
Personalgewinnung leicht gemacht
Wenn du als Bewerber bzw. Interessent die Wahl hättest, zu einem Unternehmen mit einer 4- oder einer 5-Tage-Woche bei gleichem Gehalt zu gehen – wie würdest du entscheiden?
Fazit:
Sobald sich Unternehmen darauf einlassen, kann eine 4-Tage-Woche viele Vorteile haben: gesündere und zufriedenere Mitarbeiter, mehr Freiheiten etc. Kürzere Arbeitszeiten bedeuten zwar nicht zwangsläufig, dass Mitarbeiter gleich deutlich produktiver arbeiten. Sich aber von starren Arbeitszeiten zu lösen, ist zumindest schon einmal ein Eingeständnis, dass niemand nur deshalb mehr Aufträge schafft, weil man länger als andere am Schreibtisch hockt.