#
April 10, 2019

Warum Personaler im Recruiting scheitern

Vorbei die Zeiten, als der Fachbereich dem Personaler das gesuchte Jobprofil über den Zaun warf  und ihn aufforderte, diesen Kandidaten zu organisieren. Heute müssen alle mithelfen und der Personaler hat diesen Prozess zu moderieren.

Der Fachkräftemangel zehrt an den Nerven der Personaler, weil es nicht ganz einfach ist, Mitarbeiter zu finden, der demografische Wandel muss vernünftig organisiert werden und die Generation Z, also die nach 1995 Geborenen,  scharrt schon mit den Hufen und kann gelegentlich furchtbar nerven oder die Älteren auflaufen lassen. Keine Frage, auf die Personaler warten herausfordernde Zeiten mit nicht ganz einfachen Aufgaben. Um diese souverän zu bewältigen, sollten sie ihre Einstellung ändern, meint der Coach, Buchautor und Berater Frank Rechsteiner. Wie kommt nun der Recruiter zu dieser veränderten Haltung? Was muss er anders machen, damit zum Beispiel die Kandidaten spüren, dass es das für sie richtige Unternehmen ist.

Erstens haben die Personaler zur Kenntnis zu nehmen, dass aus dem Arbeitgeber- ein Arbeitnehmermarkt geworden ist. Heißt, die Entscheidung, ob es zu einer Unterschrift unter den Arbeitsvertrag kommt, liegt beim Kandidaten und nicht mehr beim Unternehmen. Bis vor Kurzem war es noch so, dass die Firmen im Vorstellungsgespräch den Ton angeben, danach den Vertrag zum Unterschreiben vorlegten und der Bewerber sich über einen neuen Job freute. „Heute hat der Kandidat oft drei oder vier Angebote oder auch mehr und kann sich entscheiden“, gibt Rechsteiner zu bedenken. 

Zum Zweiten muss der Personaler akzeptieren, dass die normalen Recruitingkanäle nicht mehr funktionieren. Er benötigt andere Wege der Personalgewinnung.

Drittens: Früher war das Recruiting klassische Personaleraufgabe, heute ist es Unternehmensaufgabe. Der Personaler muss laut Rechsteiner seine Geschäftsführung und die Fachbereiche ins Recruiting integrieren. „Der Personaler agiert als Brückenbauer und muss ersten Schritt machen und auf die Fachabteilungen zugehen“, fordert der der HR-Profi Rechsteiner.

Viertens: Neue Wege kann die Personalabteilung nur gehen, wenn sie das Einverständnis der Geschäftsleitung hat, dann kann sie auch gut mit der Fachabteilung zusammenarbeiten. Wenn das Topmanagement die Bedeutung der Personalabteilung nicht anerkennt, wird sie scheitern. „Ohne Commitment der Chefs lässt sich nichts Neues ausprobieren“, ist Rechsteiner überzeugt und die Personaler würden nicht erfolgreich sein können.

Ein weiteres wichtiges Thema, das die Personaler umtreibt, ist das Active Sourcing. Einige Firmen haben gleich mehrere Stellen für Sourcer ausgeschrieben und schreiben aktiv die Kandidaten auf den verschiedenen Social-Media-Kanälen an. Das Ergebnis sei oft fragwürdig, gibt Rechsteiner zu bedenken. Bevor ein Arbeitgeber seine Active-Sourcing-Aktivitäten startet, sollte er sich einige Fragen ehrlich beantwortet haben, zum Beispiel: Warum sollte ein Kandidat zu uns kommen? Was kann ich ihm als Arbeitgeber bieten? Es helfe nicht weiter, möglichst viele wahllos anzuschreiben. „Die Sourcer müssen eine Story erzählen können“, weiß der HR-Experte.  Und wenn die Geschichte gut und ehrlich sei, dann werde Active Sourcing auch funktionieren.

Schließlich weist Rechsteiner auf die wachsende Bedeutung des Content Recruitings hin. Personaler ermuntern die Mitarbeiter der Fachabteilungen ihre erfolgreichen Projekte auf den verschiedenen Social-Media-Kanälen kundzutun, um mit anderen Experten ins Gespräch zu kommen. Damit agiert der Recruiter als Vermittler und versucht potenzielle Kandidaten ins Unternehmen zu lotsen. Denn Fakt sei, dass sich kein IT-Fachmann mehr bewirbt, sondern dass man ihn über fachliche Themen ins Unternehmen holen muss – und dass geht nur, wenn Fach- und Personalabteilung eng zusammenarbeiten.

Bleibt die Frage, inwiefern Technologie nun die Personaler in ihrer Arbeit unterstützt. Für große Unternehmen, die viele Bewerbungen erhalten und nach wie vor die Herausforderung in der Selektion haben, die passenden Kandidaten schnell und kostengünstig „herauszufischen“, wird Künstliche Intelligenz an der Tagesordnung stehen, und die meisten experimentieren schon mit KI-unterstützten Systemen. Für den klassischen Mittelstand dürfte dieses Problem nicht im Vordergrund stehen, da er sich mit anderen Herausforderungen herumschlägt, denn er erhält ganz wenig Bewerbungen oder sogar gar keine bei bestimmten Positionen. Diesen Arbeitgebern empfiehlt Rechsteiner, sich offen und ehrlich die Frage zu beantworten: Warum sollte ein Kandidat zu mir kommen und bei mir arbeiten wollen?

Ich freue mich auf Ihr wertschätzendes Feedback.  

Quelle:  https://www.computerwoche.de/a/warum-personaler-im-recruiting-scheitern,3546858