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März 15, 2025

Warum wir als Führungskräfte sehr wenige Kompromisse eingehen sollten

Kompromisse – das zentrale Thema, das unser tägliches Leben auf allen Ebenen durchzieht. Von klein auf lernen wir, dass man in Beziehungen und im Berufsumfeld ständig Kompromisse eingehen muss, um glücklich und zufrieden zu sein. Doch ist das der richtige Weg? Ich bin fest davon überzeugt, dass Kompromisse niemanden wirklich glücklich machen. Im Gegenteil, sie hinterlassen oft Unzufriedenheit bei allen Beteiligten. Auch im beruflichen Kontext sind Kompromisse allgegenwärtig. Oft erleben wir Situationen, in denen wir Dinge tun sollen, die uns total gegen den Strich gehen. Doch können wir hier nein sagen? Und wie verhalten wir uns im privaten Umfeld? Das eigene Leben kompromisslos zu gestalten, bedeutet nicht, die Bedürfnisse anderer kategorisch zu ignorieren und völlig egoistisch zu sein. Es geht viel eher darum, die eigenen Bedürfnisse klar zu erkennen und ihnen Raum zu geben. Lernen wir, unsere eigenen Bedürfnisse zu erkennen und hinterfragen wir den Ursprung der Kompromisse in unserem Leben.

Mir war lange Zeit nicht bewusst, dass ich in einer Dauerschleife von Kompromissen in meinem Leben hänge. Hättest du mich vor Jahren gefragt, ob ich in Kompromissen lebe oder arbeite, wäre meine Antwort definitiv nein gewesen. Ich hatte das Gefühl, dass ich meinen Willen durchsetze und mein Leben selbst bestimme, ob im privaten, persönlichen oder beruflichen Kontext. Ich mache genau mein Ding – und meine Außenwelt hätte das auch genauso gesehen und bestätigt. So kannst du dich täuschen, lieber Frank und liebes Umfeld, denn nichts ist so, wie es von außen aussieht.

Kompromisse, die wir bewusst oder auch unbewusst eingehen, nehmen schleichend zu, ähnlich wie es mit dem Körpergewicht ist. Niemand nimmt plötzlich 15 kg in drei Wochen zu, oder? Jeder kleine Kompromiss fällt uns fast nicht auf. Es sind vielleicht winzige Gefallen, einer hier, einer dort. Für den lieben Partner, den lieben Arbeitgeber, die lieben Eltern, die lieben Freunde und wen auch immer noch. Doch eines Tages wachen wir auf und fühlen, dass etwas nicht stimmt. Wessen Leben ist das hier eigentlich, das ich führe? Doch nicht wirklich meines? Diese vielen kleinen Kompromisse in Dauerschleife führen uns, wie der erschreckende Moment auf der Waage, eines Tages an den Punkt, wo wir ausflippen und es nicht mehr aushalten.

Wir sagen ständig ja zu den Bedürfnissen und Wünschen anderer Personen. „Kriege ich hin. Natürlich tue ich das für dich. Kein Problem, ich baue das noch irgendwie in den Tag ein und nehme dir das ab. Mache ich doch gerne. Ich kann meinen Termin verschieben, ist schon okay.“ Machen wir uns bitte bewusst: Jedes Ja für einen anderen Menschen ist erstmal ein Nein zu uns.

Wir gehen vielleicht Konflikten aus dem Weg, vermeiden sie und gehen lieber einen Kompromiss ein – und sagen wieder nein zu uns selbst. Jeder von uns will geliebt, anerkannt und gebraucht werden. Völlig legitim und es spricht auch nichts dagegen, für Menschen da zu sein und sie zu unterstützen, wenn es nötig ist.

Für uns als Führungskräfte geht es darum herauszufinden, was wir wirklich wollen. Wie ist unser Energielevel? Wie viel Kapazität haben wir wirklich? Was brauchen wir eigentlich? Wo stehen wir im Moment? Aus welcher Motivation rennen wir eigentlich in Dauerschleife und helfen permanent?  Wollen wir den Frieden wahren und deshalb lieber Kompromisse eingehen?  

Mit jedem Kompromiss, den wir in Wahrheit gar nicht eingehen möchten, sagen wir wieder Nein zu uns. Dieses ständige Nein zu uns selbst ist wie eine Dauerselbstverletzung – ja, wir verletzen uns selbst! Umso länger wir uns selbst seelisch verletzen und unsere Bedürfnisse nicht wahrnehmen oder wegschieben, umso größer werden unsere Schmerzen sein und wir werden diese früher oder später auch körperlich spüren.

Das kleine Zwicken da, der überraschende Bandscheibenvorfall hier, ein Hörsturz samt Tinnitus, Erschöpfung, immer öfter Kopfweh – die somatischen Möglichkeiten sind vielfältig. Und für jedes Symptom gibt es dann tausend gute Gründe und Ausreden, und wenn es nur am Wetter, am Erbgut oder am zunehmenden Alter liegt. Wie viele Geschichten dieser Art habe ich schon gehört. Eine Sache bleibt: Am Ende des Tages dürfen wir uns eingestehen, um was es tatsächlich geht. Wann beginnen wir, für uns ehrlich hinzusehen, uns zuzuhören, uns zu fühlen? Unsere Seele sendet uns klare Warnsignale, nur wir ignorieren diese komplett.

Ein kompromissloses Leben zu führen, bedeutet für mich im Klartext, komplett meine Bedürfnisse zu erkennen, zu leben, auch Grenzen zu setzen und mir ein klares Ja zu mir selbst geben – und zwar sehr liebevoll und klar. Auch für einen Lebenspartner fühlt es sich ehrlicher und einfacher an, wenn wir klar sagen, was wir wollen und brauchen. Wir geben ihm damit die Chance zu wählen, ob er uns dabei unterstützen möchte oder auch nicht. Das ist erwachsenes, reflektiertes Verhalten und alle Beteiligten können davon profitieren. Wenn wir hingegen im Dauerkompromiss leben, runterschlucken und uns nicht ehrlich ausdrücken, verlieren letztlich alle in der Beziehung.