- Ein fauler Apfel im Korb
- Ab durch die Mitte
Ich weiß nicht, wie es dir geht, ich höre jedoch schon seit langer Zeit immer wieder dieselben Stories: Führungskräfte führen nicht. Natürlich gibt es unterschiedliche Szenarien, wie es dazu kommt und es betrifft sicherlich nicht alle Führungskräfte. Zwei prägnante Beispiele möchte ich jedoch kurz beschreiben.
Nummer 1: Unsere Führungskräfte wollen pauschal eigentlich gar keine sein, wenn sie ehrlich sind – auf dem Papier macht es sich aber gut und steht für Erfolg. Nummer 2: Der erfolgreichste Vertriebler oder Berater wird klassischerweise zum Lead (Führungskraft) befördert und hat schlichtweg überhaupt gar keine Zeit, zusätzliche Führungsaufgaben zu übernehmen. Welche Auswirkungen das für das Team oder gar das ganze Unternehmen haben kann, erfährst du hier:
Ein fauler Apfel im Korb
Im Prinzip könnte man denken, es sei kein großes Ding, wenn nicht geführt wird – doch wenn das ganze Team oder auch die Firma darunter leiden, dann ist es sehr wohl ein relevantes Thema, das oft ignoriert wird, jedoch nicht ausblendbar ist.
“Ein fauler Apfel verdirbt den ganzen Korb”
Klaus K., Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens erzählt mir, sie überlegen, den Kollegen Franz L. – verantwortlicher Bereichsleiter SAP SCM, der nie Zeit für seine Mitarbeiter hat und übermäßig mit den Kundenprojekten beschäftigt ist – rauszuschmeißen. Franz L. investiert sehr viel Zeit in die Kunden, eine gute Bindung zu ihnen und in den Erfolg der Projekte – ganz wunderbar! Doch seine Teammitglieder verlassen auffällig häufig das Unternehmen und keiner weiß so recht, weshalb. Oder wollte es bisher niemand wissen? Solche Situation nehme ich häufig wahr, v. a., wenn Führungskräfte nicht führen.
Bevor aufgrund solcher Umstände Führungskräfte ersetzt werden sollen, kläre doch diese Fragen mit der betroffenen Person. Bleiben wir beim oben genannten Beispiel:
- Franz L., macht es dir überhaupt Spaß, den Bereich SAP SCM zu leiten?
- Was läuft aus deiner Sicht gut in deinem Bereich und was nicht?
- Warum kümmerst du dich nicht um deine Mitarbeiter?
- Ist dir bewusst, dass du dein Team vernachlässigst?
- Willst du lieber nur mit Kunden arbeiten und Projekte machen – ohne Personalverantwortung?
- Möchtest du die Führungsposition frei machen?
Um dieses konkrete Gespräch drückt sich der Geschäftsführer Klaus K. schon lange, da er den Bereichsleiter nicht verärgern will. Doch die Situation wird von Monat zu Monat schwieriger, da die Mitarbeiter gehäuft rebellieren, sich beschweren und eben auch das Unternehmen verlassen. Dadurch entstehen hohe Zusatzkosten und es muss jetzt gehandelt werden.
Die Mitarbeiter haben genügend andere Optionen, sie müssen keine Rücksicht auf ihre überlastete Führungskraft nehmen.
Ab durch die Mitte
Weil eben immer mehr Mitarbeiter sich beschweren oder auch gehen, muss Klaus K. jetzt schnell handeln. Das Gespräch wurde geführt und es verlief völlig anders als erwartet.
Franz L. ist erleichtert, dass der Geschäftsführer ihm diese Fragen gestellt hat. Endlich kann er zugeben, dass er in der Tat völlig überlastet ist. Aus Pflichtgefühl hat er versucht, alles unter einen Hut zu bringen. Aber jetzt kann auch er erkennen, dass er sein Team – nicht die Projekte – letztlich im Stich gelassen hat.
Gute Führungsqualitäten beinhalten folgende Themen:
- Ausreichend Zeit für alle Mitarbeiter
- Individuelle Mitarbeiterentwicklung
- Zielvorgaben ans Team und eine gemeinsame Umsetzung
- Prinzipiell sollte die Führungskraft den Mitarbeiter wöchentlich fragen, wo und welche Unterstützung benötigt wird
- Die Führungskraft muss bei bekannten offenen Punkten der Mitarbeiter sofort in die Umsetzung gehen – andernfalls wird sie unglaubwürdig und schädigt die Vertrauensbasis zum Mitarbeiter
Fazit: Wahrhaftige Führung benötigt Zeit – und diese Aufgabe machst du nicht einfach nebenbei. Sollest du der Meinung sein, dass es doch „part-time“ geht, bist du der faule Apfel im Korb.
Franz L. ist heute nicht mehr Bereichsleiter, sondern Senior Programm Manager SAP SCM. In dieser Rolle arbeitet er mit seinen Kunden und kann sich darauf fokussieren. Das ist es, was er immer machen wollte. Die Führungsrolle mit samt dem „People Business“ hat ihn am Ende nur gestresst und genervt. Er fühlt sich mehr und mehr befreit von dieser Aufgabe, die ihm keine Freude gemacht hat.
Somit ist allen geholfen, denn er hat den Platz für jemanden freigemacht, der das wirklich tun möchte. Ich appelliere an und ermutige alle Führungskräfte, solch „führungslose“ Situationen nicht zu ignorieren, sondern aktiv anzusprechen – egal, auf welcher Seite du stehst. Nach einer individuellen Klärung gewinnen alle. Ohne Klärung hauen deine Mitarbeiter nachvollziehbarer Weise ab, denn sie sehen ja, dass keine Taten folgen, nicht gehandelt wird. Dieser Zustand ist für die meisten Menschen nicht zu ertragen.