Wer schon einmal einen sehr guten Mitarbeiter wegen ein paar Tausend Euro mehr Jahresgehalt an einen Wettbewerber verloren hat, weiß, wie ärgerlich das ist.
Obwohl das Rennen um geeignete IT-Spezialisten in vielen Fällen über das Gehalt entschieden werden dürfte, scheint ein Großteil der in diesem Bereich Beschäftigten mit ihrem aktuellen Verdienst nicht zufrieden zu sein. So ergab eine Umfrage unter 288 SAP-Fach- und Führungskräften, dass sich mehr als 67 Prozent in den kommenden 5 Jahren eine Gehaltssteigerung zwischen 11 und 30 Prozent erhoffen. Fast 14 Prozent der Befragten möchten sogar noch mehr an Verdienst zulegen. Damit sind über 80 Prozent der Studienteilnehmer der Meinung, dass sie sich an ihrem Arbeitsplatz deutlich unter Wert verkaufen (Frank Rechsteiner, 2015)1
Tatsächlich ist in den Endverhandlungen mit den Kandidaten oft zu beobachten, dass die IT-Unternehmen versuchen, unter den geforderten Zielgehältern zu bleiben. Die Signalwirkung ist fatal: Zwar möchten diese Arbeitgeber hochmotivierte Spitzenkräfte anlocken, sind aber nicht bereit, sie über den Standard hinaus zu bezahlen. Dabei kann einem IT-Unternehmen eine solche Knausrigkeit teuer zu stehen kommen, etwa wenn es ihm nicht gelingt, die richtigen IT-Führungskräfte an Bord zu holen. So schätzen Fachleute die direkten und indirekten Kosten einer Fehlbesetzung auf Top-Management-Ebene dreimal so hoch ein wie das damit verbundene Jahresgehalt. Darüber hinaus leidet das Image von IT-Unternehmen, wenn sie nicht bereit sind, in qualifizierte Mitarbeiter zu investieren.
Ein Praxisbeispiel:
„Neulich musste ich bei Vertragsverhandlungen mit einem SAP-Systemhaus eine böse Überraschung erleben. Ich hatte mich als Senior-Berater im Bereich SAP Qualitätsmanagement beworben und als Gehaltsvorstellung 78.000 Euro jährlich angegeben. Da ich sehr viele Erfahrungen und Kompetenzen aufweisen kann, wurde ich schon nach kurzer Zeit zu zwei persönlichen Gesprächen eingeladen, die so positiv verliefen, dass ich am liebsten gleich bei der neuen Firma angefangen hätte. Auch das Unternehmen war begeistert – bot mir jedoch nur 74.000 Euro jährlich an, da das Gehaltsgefüge nicht gesprengt werden dürfe. Natürlich habe ich abgesagt. Was hätte es dem Unternehmen denn schon ausgemacht, mir mein Wunschgehalt zu bezahlen? Jetzt habe ich erfahren, dass die Beraterstelle dort noch immer vakant ist – ein Riesenverlust für das Systemhaus, da die entsprechenden Kundenprojekte einfach nicht besetzt werden können!“
Karl-Ludwig G., Senior-Berater im Bereich SAP Qualitätsmanagement
► Handlungsempfehlung
Wer schon einmal einen sehr guten Mitarbeiter wegen ein paar Tausend Euro mehr Jahresgehalt an einen Wettbewerber verloren hat, weiß, wie ärgerlich das ist. Daher sollten Sie Ihren IT-Experten ruhig etwas mehr gewähren als die Konkurrenz. Auch empfiehlt es sich, einem Bewerber ein um einige Prozentpunkte höheres Gehalt zu zahlen, als ursprünglich von ihm gefordert. Während ein IT-Unternehmen diesen Mehrbetrag problemlos verkraften kann, stellt er für neue Mitarbeiter ein wichtiges Zeichen Ihrer Wertschätzung dar. Außerdem spricht sich ein solcher finanzieller Vertrauensvorschuss schnell in der Branche herum und leistet einen wichtigen Beitrag zu Ihrem Employer Branding.
1 Frank Rechsteiner: „Was erwarten SAP-Experten von ihrem Arbeitgeber? Studie zu den wichtigsten Trends heute und in 5 Jahren“, 2015