- Echt jetzt?
- Worum es wirklich geht
- Mit wem möchte der Kandidat denn sprechen?
Montag vor 4 Wochen ruft mich Klaus, ein mir bekannter Bereichsleiter eines SAP Beratungsunternehmens, völlig frustriert an. Bevor wir unseren Smalltalk starten, bricht es aus ihm heraus:
„Diese Idioten, wegen diesen Bürokraten haben wir unseren Top-Kandidaten verloren!“ Alles klar, Klaus, was ist passiert?
Echt jetzt?
Long story short: Klaus erklärte mir, dass er sich immer wieder von seiner HR Abteilung oder auch von seinen Recruitern ausgebremst fühlt. „Die müssten mich doch unterstützen und nicht den Prozess einhalten und nach Schema F vorgehen, oder?“ In diesem Fall dauerte es dem Kandidaten einfach zu lange zwischen den Gesprächen, bis es zum Vertragsangebot kam. Er nahm ein anderes Angebot an und das ärgert Klaus natürlich. Seine Arbeit und investierte Zeit in die Gespräche waren letztlich umsonst, jetzt kann er wieder von vorne beginnen mit der Suche.
Kommt dir dieses Gefühl bekannt vor?
Du hast jede Menge Aufträge, einen Tisch voller Arbeit und einfach zu wenig Leute, die dich und das Business aktiv mitvorantreiben. Prinzipiell sucht du den Unternehmer im Unternehmen, jemand der unternehmerisch denkt – „Thinking out of the box“ wäre toll! Doch diese Typen (m/w/d) lassen sich nicht in Standardprozesse oder Boxen packen, denn das ist nicht ihr Ding.
Wenn du Freigeister – also Menschen mit eigener, starker Persönlichkeit suchst –, dann musst du diese auch so vom ersten Moment an so behandeln. Da ist ein langwieriger Standardprozess einfach kontraproduktiv und abschreckend. Verstehst du das, Klaus?
Worum es wirklich geht
Geht es um Prozesshoheit – oder darum, neue IT-Fachkräfte einzustellen? Vor kurzem habe ich einem Geschäftsführer eine Kandidatin als Bereichsleiterin und somit Treiberin im Unternehmen präsentiert. Nach nur 7 Tagen und zahlreichen Gesprächen, in denen die Kandidatin 6 Personen aus dem Unternehmen kennengelernt hat, bekam sie das Vertragsangebot. Nach 10 Tagen war der Prozess erfolgreich für alle Seiten beendet. Was hat dieses Unternehmen gemacht. Sie haben den „Champions-League-Modus“ aktiviert, wie ich es nenne.
Du willst besondere Personen für dein Unternehmen gewinnen – dann zeige dich und dein Unternehmen auch von deiner besonderen Seite.
Im HR Bereich wäre der Prozess erfahrungsgemäß noch nicht einmal gestartet – zumindest in vielen Unternehmen ist es so. Bei dir aber sicherlich nicht, oder?
Oft habe ich das Gefühl, dass es nicht um das gemeinsame Ziel geht, Leute einzustellen und das Team zu vergrößern. Nein, es wird ein besonderes Machtspiel gespielt – ob bewusst oder unbewusst, sei mal dahingestellt: „Ich entscheide, wer hier reinkommt, oder zuerst einen HR Call bekommt und erst danach bringe ich die Fachabteilung ins Spiel, wenn es passt.“ Eine andere Standardaussage oft mitten im Prozess: „Wir müssen da jetzt überlegen!“
Sorry, Leute, was gibt es da tage- und wochenlang zu überlegen oder setzen zu lassen? Wir alle wissen, dass wir unsere Entscheidungen innerhalb von Minuten treffen und dann nur noch nach rationalen Gründen suchen, um unser Bauchgefühl unserem Kopf zu verkaufen.
Mit wem möchte der Kandidat denn sprechen?
In meiner letzten „LinkedIn“-Umfrage gaben sensationelle 96% der befragten Teilnehmer an, dass sie mit der Fachabteilung sprechen möchte! Autsch – ja, mit der Fachabteilung! Letztlich ist das keine große Überraschung, denn die Kandidaten werden mit den Menschen im Fachbereich eng zusammenarbeiten, nicht mit HR.
Solltest du jetzt dem Wunsch der Kandidaten folgen wollen, musst du deinen Standardprozess im HR dringend überdenken.