- Kästchen besetzen
- Potenzial erkennen und nutzen
- Den Blick schärfen für Potenziale
Der klassische Personalfindungsprozess setzt sich in der Regel immer aus den gleichen Schritten zusammen: es gibt eine Vakanz, für die eine Stellenanzeige erstellt wird, auf die sich Bewerber melden und am Ende hast du die Qual der Wahl, wen du einstellen wirst.
Schöne heile Welt – und einfach alt. Mitarbeiterzentrierte und somit wachsende Unternehmen besetzen keine Kästchen, sondern erkennen das Potenzial von Gesprächspartnern und wollen dieses auch nutzen. Sie schaffen neue, individuelle Stellen. Der Standardprozess ist dann eher ein Auslaufmodell.
Kästchen besetzen
Wenn du versuchst, Menschen in ein Kästchen oder eine Schublade (Stelle im Organigramm) zu drücken, dann nutzt du wahrscheinlich nur teilweise das Potenzial der Person. Frust und Enttäuschung könnte die Folge davon sein. Du hast eine mehr oder weniger genaue Vorstellung, was die Person in Zukunft zu tun hat und gehst damit auf die Suche. Doch lass uns an dieser Stelle ehrlich sein – du setzt dich selten mit dem Potenzial deines Bewerbers auseinander. Du versuchst, einfach die Stelle im engen Markt zu besetzen – natürlich bestmöglich. Mir erzählen Gesprächspartner seit Jahren, dass sie selten nach ihrer Vorstellung der kommenden Jahre gefragt werden. Ihnen wird die Zukunft des Unternehmens und des Teams vorgestellt. Da sollen sie sich bitte einfügen und still und leise mitwachsen.
Sorry, Leute, das ist so old-school – Recruiting made in 1990!
Natürlich weiß ich auch, dass es Stellen gibt, die es zu besetzen gilt, doch meiner Meinung nach muss es nicht immer der Top-Mann oder die Super-Frau sein! Es reicht, wenn ein Bewerber fachlich 50% der Anforderungen erfüllt, die zweiten 50% können erlernt werden. Hier steckt das Entwicklungspotenzial – Menschen wollen sich weiterentwickeln. Menschen wollen gesehen und wertgeschätzt werden.
Sofern dein Kandidat menschlich zu deinem Team oder in deine Fachabteilung passt – vom „Cultural Fit“ will ich nicht sprechen -, dann ist das mehr wert als 3 Jahre Projekterfahrung mehr oder ein Uni-Abschluss.
Verliere nie dein Ziel aus den Augen! Dein Ziel ist es, die menschlich passenden Menschen in dein Unternehmen zu bringen und nicht ein Haufen „Inselbegabter“, oder ?
Last but not least – du bist nicht das perfekte Unternehmen und somit suche bitte auch nicht den perfekten Kandidaten!
Potenzial erkennen und nutzen
Ein qualifizierter Mitarbeiter war vor noch gar nicht allzu langer Zeit ein Bewerber, dessen Kompetenzprofil exakt zu den Anforderungen einer aktuell zu besetzender Stelle passte. Fachwissen, Erfahrung, Sozialkompetenz, Methodenkompetenz: Je mehr Haken der Recruiter hinter die gewünschten Kompetenzen machen konnte, desto näher rückte für den Bewerber die Zusage. Inzwischen jedoch verändern sich in vielen Branchen die Anforderungen der Märkte so schnell und mit ihnen die Unternehmen, dass der gerade noch perfekt passende, kompetente Mitarbeiter plötzlich schon wieder der falsche Mann oder die falsche Frau am falschen Ort sein kann. Und so rücken inzwischen Talente und Entwicklungspotenziale der Mitarbeiter in den Fokus von Recruitern und Personalentwicklern. Die sind als Entscheidungskriterien allerdings deutlich schwieriger zu operationalisieren als klassische Kompetenzen eines Mitarbeiters.
Wie erkennst du das Potenzial eines Bewerbers? Wie kommst du an die Informationen ran, was der Bewerber in den kommenden Jahren machen will, wo seine Leidenschaft liegt, welche Themen ihn reizen und welche weniger?
Du musst mit den Menschen sprechen! Weder ein CV noch ein Anschreiben können dir das vermitteln. Du willst Menschen virtuell oder persönlich kennen lernen und nicht Lebensläufe studieren. Nur wenn du dich mit der Person beschäftigst, bekommst du die notwendigen Informationen bzgl. Potenzial und Leidenschaft.
Dafür hast du keine Zeit – schade, dann besetze lieber wieder Kästchen.Wenn du und deine Fachabteilung Kandidaten mit Potenzial erkennst, dann beschäftige dich mit dieser Frage:
“Was müssen wir tun, damit unsere Firma für dich interessant wird?”
Schaffe neue Stellen und nutze das volle Potenzial.
Den Blick schärfen für Potenziale
Um Potenzial frühzeitig zu erkennen, ist es wichtig, dass nicht die Fach- und Führungskräfte allein den Auswahlprozess von Mitarbeitern steuern. Die Fachleiter suchen immer nach dem „best fit“ für die jeweilige Stelle und schauen zuerst auf die Kompetenzen. Das liegt in der Natur der Sache. Deshalb ist es Aufgabe der HR Experten aus dem Talent Management und der Personalentwicklung, die Kriterien Potenzial und Entwicklungsbereitschaft in den Auswahlprozess einzubringen und bei Führungskräften den Blick für die zarten Potenzial-Pflänzchen zu schärfen.